Melanie - ein Fettnäpfchen geht doch noch...

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Melanie lebt als Kindergartenpädagogin in London - gemeinsam mit ihrem Freund Steven, den sie auf einer Junggesellen-Auktion ersteigert hat. Die beiden führen normalerweise ein... ganz gemütliches Leben, wären nur nicht die ständigen Pflichtbesuche bei SEINEN Eltern - die aus ihrer Abneigung Melanie gegenüber keinen Hehl machen.

Als es zur Trennung kommt, werden die Karten neu gemischt. Steven und Melanie waren so überstürzt-verliebt, dass sie sich eine gemeinsame Wohnung in Notting Hill gekauft haben, die natürlich nun niemand verlassen möchte. Ein Pakt wird geschlossen, wer als erstes FREIWILLIG auszieht, überträgt die Hälfte der Wohnung automatisch auf den anderen - ablösefrei. Somit wird tief in die Trickkiste gegriffen um das Zusammenleben so unschön und ungemütlich wie möglich zu gestalten.

Wären da nicht noch zusätzliche Akteure in diesem Zirkus, wie Antonella, Stevens neue italienische Gespielin und Mike, der süße Kinderarzt, der Melanie ordentlich den Kopf verdreht. Die schafft es leider sich in einem schrecklichen Licht zu präsentieren und kämpft damit ihr Schussel-Image loszuwerden um eine richtige Chance bei Dr. Love zu erhalten.

Nachdem nun ihre Arbeitsstelle im Kindergarten nicht verlängert wird, heißt es "auf, auf zu neuen Ufern". Dank ihres schwulen Arbeitskollegen Ralph und dessen neuer Flamme, erhält sie die Chance in der Morning Show, unter der gefürchteten und verschrienen, Nicky Gellar zu arbeiten. Blöd nur, dass auch Antonella als Wetterfee dort ein Engagement hat.

Alles in Allem ist irgendwie ständiges Chaos angesagt - ihr "neuer Freund" befindet sich kurzweilig auf Auslandsreise, ein krimineller Zwischenfall verhilft Melanie zu 10min Ruhm... nur gut, dass man Freunde besitzt, die einem auf den Boden der Tatsachen festtackern. :-)


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Leseprobe:

*****

 

„800 Pfund!!“ Beinahe hysterisch überschlägt sich meine Stimme, während ich mit meiner roten 47 auf dem Schild dem Auktionator zuwinke. Die anderen Mitbieterinnen hatten mich nun lange genug geärgert. Im Kopf gehe ich schnell noch meinen ungefähren Kontostand durch…. ja, wenn ich die Stromrechnung und die Versicherung in den nächsten Monat schiebe, dann dürfte mein Gebot in Ordnung gehen und vielleicht noch ein wenig an der Lebensmittelration feilen. Ich erhasche einen vernichtenden Blick von Conny Twinkle, der Direktorin der Gobham Hall School. Der Auktionator notiert gewissenhaft mein Gebot.

„Na, wer bietet 850? Irgendjemand 850? Kommen Sie schon, es ist für einen guten Zweck!“ Nervös klopfe ich mit meinen Finger auf dem Tisch herum. Rings um mich vernehme ich nur noch Kopfschütteln. Siegessicher grinse ich. „Ha, wäre doch gelacht gewesen wenn die 200 Pfund, die ich spontan erhöht habe nichts genutzt hätten!“ sage ich halblaut zu mir.

„Zum ersten, zum Zweiten und zum…… Dritten! Verkauft an die hübsche junge Dame in dem entzückenden blauen Kleid.“ Mit seinem Hammer knallt er auf den Tisch und deutet freundlich zu mir herüber.

Wohoooo, jawohl! Sieg auf ganzer Linie!

 

Etwa 2 Jahre später:

 

„Mel? Melanie?“

„Ja, bin gleich soweit, nur noch einen Moment!“ rufe ich zurück.

„Wir kommen zu spät, du weißt, dass meine Mutter Verspätungen überhaupt nicht ausstehen kann!“ Steve hat einen schärferen Ton angeschlagen. Ich bemerke, wie er unruhig hin und her geht, stehen bleibt, laut aufseufzt, wieder im Kreis weiter geht. „Nun mach schon, der Verkehr wird die Hölle sein.“

Genervt verdrehe ich meine Augen. Ich hasse diese Nachmittage bei Steve’s Eltern. Seit jeher geben die beiden mir das Gefühl nicht gut genug für ihren einzigen Sohn zu sein. Dem Fixpunkt in ihrem Leben, dem Glanzstück ihrer Ehe! Jedes zweite Wort meiner Schwiegermutter ist: Steve! Steve hat dies, Steve hat das…. Steve hat ganz alleine ein Allheilmittel für sämtliche Krankheiten erfunden, dazu noch den Welthunger gestillt und den Weltfrieden herbeigeführt und dies alles nur in seiner Mittagspause.

Ja, sie lieben ihn abgöttisch – dafür tendiert das Gefühl für mich eher in die Hassecke. Seine Familie ist sehr wohlhabend und lebt in Yorkshire, ein wenig außerhalb von London. Jedes zweite Wochenende ist also fix verplant: zu Hause einen riesigen Streit vom Zaun brechen, da ich mich weigern möchte schon wieder dorthin zu fahren, gereiztes Schweigen im Wagen und zu guter Letzt doch noch ein falsches Grinsen aufsetzen beim Eintreten ins Gebäude.

Wie konnte es nur soweit kommen?

 

*****

 

Ich war gar nicht begeistert, als mir damals meine Chefin aufgetragen hatte, an der Auktion zugunsten einkommensschwacher Familien teilzunehmen. Der Kindergarten in dem ich arbeite, unterstützt dieses Projekt schon seit Jahren und ich sollte stellvertretend anwesend sein. Der Reinerlös ging an diverse wohltätige Organisationen. Gelangweilt ließ ich viele, viele Reden über mich ergehen, sprach mit Vertretern anderer Vereine und genoss ein Glas Champagner nach dem anderen. Dieses Jahr ganz neu dabei war eine Investmentfirma, die sich sozial mehr engagieren wollte. Mein Blick schweifte über die Ansammlung von Börsenmaklern. Ja, nicht schlecht. Ein paar mehr und ein paar weniger attraktive Exemplare waren durchaus dabei. Als der Kellner mit den Sektflöten wieder an mir vorbeikam, tauschte ich erneut mein altes gegen ein neues Glas aus und leerte es mit wenigen Schlucken. Ich blickte auf meine Armbanduhr. Mein Gott erst 8 Uhr, das konnte noch dauern. Ah, sieh da! Schon wieder ein Kellner, wie praktisch! Die Veranstaltung war auch dieses Jahr gut besucht. Das Ambiente im Ballsaal war gigantisch. Es hingen riesige Kronleuchter die den ganzen Raum zum strahlen brachten, die Tische waren schön eingedeckt mit weißen Tüchern, ein Buffet befand sich zur Linken, das mit ständig frischen Köstlichkeiten auf die Gäste wartete. Eine Bigband spielte Unterhaltungsmusik. Ich wippte im Rhythmus mit meinem Fuß mit und fühlte mich ganz wohl in meinem neuen pfauenblauen Kleid, welches einen wunderschönen Wasserfallausschnitt hatte und meine wenigen Vorzüge äußerst wirkungsvoll zur Geltung brachte. Gott sei Dank gab es Push-ups! An meinem Tisch saßen einige Bekannte mit denen ich mich dann doch recht nett unterhalten konnte.

Plötzlich wurde es ruhig im Saal, die Auktion konnte beginnen.

Nach etlichen Uralt-Vasen, Gemälden von ansässigen Künstlern, Krimskrams und einem Kurztrip nach Paris kam nun der eigentliche Akt. Die Junggesellenversteigerung. Man sollte meinen, dass dies antiquiert und pietätlos sei, aber man würde kaum glauben wie viel der Endsumme aus genau diesen 10 Minuten besteht. Die ersten drei „Objekte“ ließen mich schmunzelnd kalt, aber dann sah ich IHN die Bühne besteigen. Er war mir bereits in der kleinen Gruppe der Investmentfirma aufgefallen. Lockiges blondes Haar, das mit Gel in Form gebracht war, sportliche Figur, die im Anzug zum Niederknien aussah und ein Strahlelächeln. Hinreißend!

Hektisch suchte ich nach meinem Schild. Der Auktionator kündigte ihn an:

„Und nun meine Damen darf ich ihnen Steven Welling vorstellen, er arbeitet in der Investmentfirma Simon & Son und hat sich freundlicherweise für den guten Zweck zur Verfügung gestellt. Steven geht gerne in gute Restaurants, liebt klassische Musik und spielt mit Vorliebe Polo. Das hört sich doch nach einem äußerst guten Fang an, oder etwa nicht?“ Nickend stimmte ich ihm zu – genau so einen Kerl hatte ich mir immer gewünscht.

Kurz erhielt ich einen Flashback an meine letzten Beziehungen, da war zum Beispiel André, ein verkorkster Künstler, der mir stets sagte: „Ehrlich Honey, sobald ich meine Schaffenskrise überwunden habe werde ich wieder richtig viel Geld verdienen und in meinen alten Job als Bankier zurückgehen, kannst du mir 10 Pfund borgen?“ Oder dann hätten wir da noch Tom den Playboy. „Melanie, bitte leg den Arm in der Öffentlichkeit nicht andauernd um mich, ich fühle mich dabei so unwohl und eingeengt. Oh, hallo Mary-Süße, lang nicht mehr gesehen, ich ruf dich an!“ und zu guter Letzt noch Brian die Nähmaschine – und NEIIIIIN, er war kein Schneider.

„….zum Dritten. Verkauft an die hübsche junge Dame mit dem entzückenden blauen Kleid.“ Ich hopste vor Entzückung auf und nieder! Dieses Bild von einem Mann gehörte nun offiziell mir – für ein Date jedenfalls.

 

*****

 

„Melanie, wenn du nicht sofort raus kommst, fahre ich ohne dich!“

Mhhhhh, das ist eine Überlegung wert. Aber nein, ich kann ihn nicht alleine fahren lassen, das würde Margret nur wieder Zündstoff gegen mich geben.

„Schon unterwegs.“ Gespielt fröhlich tänzle ich in die Küche. Steve blickt auf seine Uhr und wirft mir einen grimmigen Blick zu.

„Nun stell dich nicht so an.“ Ich habe keine Lust mich zu streiten, also drücke ich ihm einen Kuss auf die Lippen, schnappe mir meine Jacke und wir machen uns auf den Weg stadtauswärts. Nun stehen mir wieder endlos lange Stunden im spießigen Speisezimmer bevor.

Eigentlich hätte ich es ja ahnen müssen, dass Steve sehr mit seiner Mum verbunden ist.

 

 

*****

 

Lächelnd kam dieser smarte Kerl auf mich zugesteuert. Ein Lächeln wie aus der Zahnpastawerbung, umwerfend.

„Wie ich erfahren habe, gehöre ich heute Nacht Ihnen?“ charmant küsste er meine Hand, ein Kavalier der alten Schule, ich staunte.

„Ja, für die Kinder tu ich doch alles.“ Was Besseres war mir in diesem Moment einfach nicht eingefallen. In seiner Anwesenheit fühlte ich mich befangen und gehemmt. Er entführte mich in eine tolle spanische Bar in der Nähe der Veranstaltung. Dort gab es leckere Tapas und einen noch besseren Wein. Wir unterhielten uns prächtig über alles Mögliche, als auf einmal sein Handy klingelte. „Can you feel the love tonight“ von Elton John – ähm… was soll man dazu sagen?????

„Welling? Oh hallo Mum, ja alles lief prima.“

Er schenkte mir ein strahlendes Lächeln und zwinkerte mir zu.

„Ja, sogar 800 Pfund, nicht schlecht, was? Nein, keine hässliche Kröte.“

Ich fühlte mich ein wenig unwohl diese Unterhaltung zu belauschen.

„Ja Mum, ich liebe dich auch, bis Sonntag!“

Ohhhhhhhh, wie süüüüüß, er verstand sich mit seiner Familie so gut. Er würde bestimmt mal ein toller Vater. Wie schön, wenn noch jemand den Wert der Familie zu schätzen wusste!

 

*****

 

Rumps! Ich schmeiße die Autotür energisch zu. Schaue verzweifelt auf das riesige Anwesen der Wellings und bereite mich seelisch auf die kommenden Stunden vor.

Wir gehen die wenigen Stufen zur Eingangstür empor und klingeln. Margret öffnet uns wie immer, umarmt Steve liebevoll und wirft mir einen verkniffenen Blick zu.

„Steven, Darling, schön das du da bist. Hallo Melanie. Kommt doch herein, legt ab.“ Ganz die perfekte Gastgeberin.

„Guten Tag Margret, ich hoffe es geht euch gut?“ höflich frage ich nach ihrem Befinden, da mir schon aufgefallen ist, wie gerne sie sich über ihre Unpässlichkeiten auslässt.

„Oh, ja Dankeschön, du weißt schon, das raue Wetter macht uns ein wenig zu schaffen.“

Wir gehen in den großen Speisesaal, wo Albert bereits auf uns wartet. Hierbei ist noch zu betonen, dass man Albert mit mindestens 5 A’s spricht, jedenfalls neigt Margret dazu.

„Setzt euch doch.“ Margret zeigt auf die freien Plätze hin. „Melanie, Darling!“ Merkwürdig wie überfreundlich manche Personen doch eine Beleidigung beginnen können. „Du hast ja heute einen sehr niedlichen Pullover für diesen Tee angezogen, schade nur, dass du nicht die dazu passende Hose gefunden hast. Nun ja, im Sitzen fällt es ja dann doch nicht so auf. Schließlich würde ein Rock deine äußerst muskulösen Waden zu sehr betonen.“ Süffisant grinst sie mich an. Völlig perplex starre ich zurück.

 

Steve und ich waren inzwischen schon knapp zwei Jahre ein Paar, hatten uns sogar vor wenigen Monaten eine gemeinsame Wohnung in Notting Hill gekauft, dennoch wurde es Margret nie leid ihm potentielle Schwiegertöchter anzupreisen.

„Steven mein Häschen, du wirst nicht glauben, wen ich gestern in Oxford getroffen habe. Ich war gerade dabei einige wichtige Einkäufe zu tätigen, als jemand meinen Namen rief. Du erinnerst dich doch sicher noch an die bezaubernde Vanessa Marble, ihr habt euch als Kinder so gut verstanden und seid immer nackt im Pool herumgetollt!“

Steve nickt und fängt zu lachen an.

„Ihr seid ja damals schon so ein süßes Paar gewesen!“

Ich fange mir einen eisigen Blick von Margret ein. Wohl ein Wink mit dem Zaunpfahl.

„Stell dir vor, sie ist Rechtsanwältin für Steuerrecht geworden und wurde gerade Partner in einer großen Kanzlei. Schön, wenn man die Karriereleiter hoch steigen kann, was Melanie – Liebes?“

Dieses Miststück! In Gedanken habe ich schon meine Tasse heißen Tee genommen und in ihr unter lautem Gelächter ins Gesicht geschüttet und dazu gerufen: Naaaa, siehst du, was meine fetten Oberarme, die perfekt mit meinen muskulösen Waden harmonieren alles anstellen können, Margret DARLING??????

Doch kaum fertig gedacht, holt mich die Realität schon wieder ein und ich sage nur: „Ja, wirklich sehr schön!“

Zähneknirschend werfe ich Steve einen Blick zu, schließlich könnte er mir doch irgendwie Rückendeckung geben und mich vor seiner bösartigen Mutter verteidigen. Stattdessen sitzt er da, wie ein Schoßhündchen, oder ein Wackeldackel, ein wackelnder Schoßdackel, der alles mit verständnisvollem Nicken ohne zu zögern bejaht.

„Die Arme“ fährt sie fort, „hat für kommenden Samstag Karten für die Oper und ihre Begleitung hat abgesagt.“

Ich ahne bereits vorauf dies hinauslaufen soll.

„Ich habe ihr gesagt, dass du sie sicher gerne begleiten würdest.“ Sie lächelt mich falsch an und sagt dazu: „Das wäre doch sicher kein Problem für die Melanie, oder? Als moderne, selbstbewusste Frau steht man doch über solchen Dingen und geht erwachsen damit um. Oder hättest du etwa Angst, Steve würde dann nicht mehr zu dir nach Hause kommen, wenn er anstatt von Prosecco mal edlen Champagner gekostet hat?“

Sie nimmt ihre Tasse in die Hand und wartet mit dem ersten Schluck bis ich ihr versichere, dass dies natürlich überhaupt kein Problem für mich ist. Zufrieden verzieht sich ihr Mund zu einem Grinsen und sie nippt an ihrem Earl Grey.

Doch nun hole ich zum Gegenangriff aus. „Margret, Darling, es tut mir ja soooooo leid, mir fällt gerade ein, dass wir ausgerechnet diesen Samstag eine Verabredung mit meiner Freundin Rebecca und ihrem Lebensgefährten zum Abendessen haben. So ein blöder Zufall. Wirklich, wäre es an einem anderen Wochenende, aber so, du verstehst doch, dass man seine Termine einhalten muss, als guter Gastgeber!“ Siegessicher lache ich in mich hinein.

Doch dann kommt die völlig verblüffende Antwort von Steve: „Aber Schatz, mit Becky und Brad können wir uns doch auch ein andermal verabreden. Becky hat doch sowieso Bereitschaftsdienst und würde wieder während des Essens angepiept und der halb aufgegessene Teller bleibt zurück. Ich habe Vanessa nun schon seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen und würde ihr gerne aus ihrer misslichen Lage helfen. Ist doch nur ein Freundschaftsdienst.“

„Oh ja, die Arme!“ erwidere ich sarkastisch, was jedoch niemand zu bemerken scheint. „Hat sie denn niemanden, der sie begleiten kann, einen Bekannten?“

„Nun gib dir einen Ruck, Schatz! Du hast mich doch sonst immer, so kannst du mal einen Abend ohne mich genießen. Geh doch mit Becky aus?“

Das war kein Scherz, er denkt wirklich, er handelt hier als reiner Wohltäter und  dies soll ich gefälligst mit Begeisterung zu schätzen wissen. Soviel zu meinem Punktegewinn gegen Margret, ein dickes L für Loser sollte auf meiner Stirn prangen und mich mein Lebtaglang brandmarken.

Wohlwollend, und mit sich zufrieden, tätschelt sie mit ihrer faltigen, kalten Hand Steve’s Knie und wirft mir einen selbstgefälligen Blick zu.

Mein Gott, diese Frau ist mir so zuwider, mit ihrem blond gefärbten, auftoupierten Kurzhaarschnitt, dem grellen, beinahe unappetitlichen Make-up und ihrem stets perfektem Outfit à la Jacky Kennedy-Onassis! 

Hach, wie gut kann ich mich in solchen Momenten in Aschenputtel einfühlen, wenigstens wurde sie von ihrem Prinzen aus dem grausamen Haus gerettet – mein Prinz benimmt sich wie ein Arsch….

 

Kaum sind wir zu Hause angekommen, verziehe ich mich in unser Schlafzimmer und rufe Becky an. Sie ist schon seit Jahren meine beste Freundin, Rebecca Timesold arbeitet im St. Thomas Hospital als angesehene Urologin. Jedenfalls kann ich mich immer auf sie verlassen und so ist es auch umgekehrt.

Völlig aufgelöst berichte ich ihr von unserem Sonntag in Yorkshire und dem Date, das Steve nun kommenden Samstag mit Vanessa, der Sandkastenschlampe, hat.

„Nein, das ist doch nicht dein Ernst? Die schreckt doch vor gar nichts zurück, was? So ein Biest.“ Ahhhhh, Becky’s Zuspruch tut so gut, ist wie Balsam auf der Seele! „Mach dir keine Sorgen, Steve liebt dich! Wahrscheinlich geht er wirklich nur zu diesem Date um seiner Mum einen Gefallen zu tun. Viel lieber würde er etwas mit dir unternehmen. Ist doch klar!“

„Meinst du wirklich Becky?“ Mit vollster Überzeugung kann ich ihr das nun nicht abkaufen, aber es tut so gut in diesem Moment etwas Positives zu hören.

„Bretzel dich einfach auf und lass die Sau raus am Samstag. Feuer mit Feuer bekämpfen lautet die Devise! Leider kann ich dich nicht begleiten, da mein Bereitschaftsdienst in eine Nachtschicht umgetauscht wurde.“ Sie seufzt kurz genervt auf. „Dr. Rogers muss unbedingt zu Hause sein, da seine Frau eine Operation hatte, man munkelt ja es handelt sich um eine Nasenkorrektur oder Lidstraffung und sie kann sich deshalb nicht um die Kinder kümmern. Also was machen die? Sie verpflichten einfach eine kinderlose Ärztin, sie hat ja schließlich kein Privatleben!“

„Das tut mir leid Becky.“

„Tja, ich hoffe es fällt wenigstens bald mal wieder eine Vasektomie an, damit ich die Welt von einer Spermieninvasion des Bösen befreien kann! Dies wäre schon eine Genugtuung für mich!“

Das Ganze klingt ziemlich verbittert, aber Becky ist sonst ein derart lieber Mensch, sie ist einfach in einer für sie recht befriedigenden Krankenhausabteilung! Ich glaube auch, dass sie beziehungstechnisch recht frustriert ist, sie führt nun seit 6 Monaten eine on/off-Beziehung mit Brad „dem Undurchschaubaren“, er schimpft sich selbst als Avantgardekünstler, ich kann nur Pinselstriche erkennen, egal. Ein paar Farbkleckse und das zählt schon zu der hohen Kunst der Malerei! Mal fühlt er sich zu eingeengt um kreativ zu sein, ein andermal erhofft er sich von einer schmerzhaften Trennung eine depressive Inspiration die er dann farblich erarbeiten kann, Verrückt oder?

 

Samstag

 

Steve begleitet Vanessa tatsächlich in die Oper.

Ich kann es nicht fassen, dass er dies als so selbstverständlich sieht, trotz mehrmaliger Diskussion will er nicht einsehen, dass ich es nicht für in Ordnung halte. Er bezichtigt mir nur, ich sei zu besitzergreifend und übertrieben eifersüchtig, wo hat er denn das schon wieder her. Ich glaube dies ist wirklich eine Urangst der Männer, überall bösartige Frauen auf der Erde, die nichts anderes im Schilde führen, als sich Männer gefügig zu machen, zu entmannen und zu versklaven! Also bitte ihr Kerle da draußen, werdet erwachsen!!

„Mel, Schatz? Ich fahre nun los um Vanessa abzuholen!“ ruft er zu mir ins Badezimmer hinüber. „Ich wünsche dir einen schönen Abend! Wir sehen uns später! Ich liebe dich!“

„Ja bis später“, antworte ich, mit erhobenem Mittelfinger.

Insgeheim verfluche ich diese Schlampe. Hoffentlich hat sie heute wenigstens einen Bad-Hair-Day, kombiniert mit einem riesigen eitrigen Pickel auf der Wange. Bei dem Gedanken daran fühle ich mich schon ein bisschen besser.

Gefrustet habe ich mich mit Ralph, einem Arbeitskollegen aus dem Kindergarten, verabredet. Stockschwul, welcher Mann würde sich sonst freiwillig einer Horde von bis zu 20 Kindern ausliefern, aber trinkfest wie ein Russe im Wodkatrainingslager. Und genau so einen Kumpanen benötige ich heute. Ich will mir so richtig schön den Frust von der Seele saufen, so der Plan!

Ich schmeiße mich in mein „Ich-fühl-mich-so sexy-Outfit“, das aus einem engen, schulterfreien blaubeerfarbenen Top und einem weiten, knielangen, schwarzen Rock besteht. Also ich finde meine Waden eindeutig nicht zu muskulös. Ich schüttle den Gedanken an Margret schnell wieder ab! Von ihr will ich mir diesen Abend nicht vermiesen lassen. Hatte sie doch schon die letzten Tage meines Lebens durch ihre blöde Date-Idee schon negativer beeinflusst als mir lieb war!

Schließlich brauche ich heute ein wenig Bestätigung vom anderen Geschlecht um mein Selbstbewusstsein wieder aufzupeppen.

Ralph und ich treffen uns im Cherry Jam, einer Bar in der Nähe von Notting Hill. Doch anstatt von ihm (Ralph Lebon, 35 geboren in Birmingham, mit französischen Wurzeln und einem leicht übertriebenen Akzent, spezielle da er bereits in 2. Generation in England lebte!!!) ein Kompliment zu ergattern sagt er nur trocken: „Chèrie, Doris Day at angerufen, sie ätte gern ihr Rock retour!“ Er drückt mir dabei links und rechts einen Kuss auf die Wange. Ich kann ihm einfach nicht böse sein, so ist er nun mal! Keine Ahnung warum er noch immer nicht der ansässigen Sprache mächtig ist, vielleicht erhofft er sich damit exotischer und somit anziehender auf andere Männer zu wirken. Seine Meldung hat jedenfalls gesessen.

Was an diesem Abend nun alles so geschehen ist, kann ich nicht mehr nachvollziehen, nach 1 Budweiser und 3 Cosmos hatte ich einen Filmriss. Ich hätte doch noch ordentlich zu Abend essen sollen so wie Steve es mir geraten hatte! Diese Trotzreaktionen ziehen meistens nichts Gutes nach sich! Jedenfalls kann ich mich nur noch an meine heiße Diskussion mit dem Taxifahrer erinnern der sich geweigert hat mich „nach N N Nutten Hill, hörn se maaaal, ich weiß doch wooooohl wo ich wohne sie Aaarsch….“ zu bringen.

 

Steve liegt bereits friedlich schlafend, leicht grummelnd in seinem grünen Karopyjama (von seiner Mum) im Bett. Sorgfältig lehnt sein Anzug auf dem Sessel  neben dem Bett. Recht ungalant und nach Alkohol miefend lasse ich mich komplett angezogen ins Bett fallen und schlafe laut schnarchend ein. Also der Miss Perfect Award geht diesmal leider an jemand anders!

 

Man kann sagen, dieser Abend ist dann so ziemlich der Sargnagel in unserer Beziehung gewesen. Kurz zuvor hatten wir uns noch voller Enthusiasmus hinreißen lassen diese wunderschöne Wohnung gemeinsam zu kaufen, da unsere Liebe ja so stark war und wir uns sicher niemals trennen würden. Denkste, kaum war die Tinte auf dem Kaufvertrag trocken, war unsere Beziehung gescheitert. Nach Wochen der intensiven Gespräche und romantischen Rendez-vous als Rettungsversuche standen wir nun wirklich vor dem endgültigen Aus.

 

Natürlich rufe ich als erstes Becky an um ihr mein Herz auszuschütten.

„Hallo?“

„Hi Becky, scheiße ich bin’s!“ und schon heule ich los und schniefe ordentlich ins Taschentuch. „Ich glaube es ist vorbei!“

„Wie meinst du das, Liebes?“

„Wir haben Schluss gemacht, heute Morgen! Ich konnte ihm einfach den Abend mit Vanessa nie richtig verzeihen. Nicht, dass ich ihm eine Affäre unterstelle, aber dass er andauernd so nach der Pfeife seiner Mutter tanzt war letztendlich einfach zuviel. Wie oft hatte ich gehofft er würde einmal seine Arschbacken zusammenkneifen und mich ihr gegenüber verteidigen! Nur einmal wäre schon so ein Zuspruch oder Bestätigung für mich gewesen! Also bitte, was habe ich mir von dieser Schnepfe nicht alles anhören müssen!! Und er saß nur da und nickte aufs untertänigste.“

„Ich verstehe.“ Kommt nur knapp vom anderen Ende.

„Glaubst du es war die richtige Entscheidung? Hätte ich mehr um uns kämpfen sollen? Bin ich zu egoistisch?“

„Ehrlich gesagt war es das einzig Richtige, das du tun  konntest Mel. Ich bin wirklich sehr stolz auf dich! Steve ist und bleibt auf Lebzeiten ein Muttersöhnchen sondergleichen. Du hättest dich immer wieder Kämpfen stellen müssen und wenn er dann nicht voll und ganz hinter dir steht wirst du dich immer ärgern! Aber weißt du was, ich habe übermorgen frei. Komm, wir treffen uns morgen Abend in Tony’s Bar, kippen ein paar Gläser Hochprozentiges und verfluchen die Männerwelt!! Brad steckt derzeit auch wieder einmal in einer äußerst egozentrischen Phase und kotzt mich richtig an!“

„Weißt du was Becky, vielleicht wäre es ja das Beste wir 2 tun uns zusammen und werden kurzerhand einfach lesbisch?“ Mit einem Lächeln im Gesicht warte ich auf ihre Reaktion.

„Mel, sei mir nicht böse, aber wäre ich lesbisch, wärst du sowas von überhaupt nicht mein Typ, Süße!!“  Kontert sie betont lässig.

Das musste ja kommen. Pfff, ist doch sicher glatt gelogen, klar wäre ich ihr Typ, ich bin doch eigentlich eine ziemlich heiße Braut…..

Meine allerliebste Becky, sie weiß immer wie sie mich wieder aufbauen kann. Dies ist ein Grund warum unsere Freundschaft nun schon ewige Zeiten hält, die Aufmunterungskünste des anderen und Alkohol! Vielleicht ist die Reihenfolge auch umgekehrt!?

Kaum habe ich den Hörer aufgelegt klingelt es erneut, ich denke sie hat etwas vergessen, also beginne ich: „Na, der Alzheimer lässt grüßen, was? Du alte Schlampe!“ Ich finde mich in diesem Moment echt tierisch witzig, bis ich eine entsetzte Stimme am anderen Ende höre.

„Melanie! Findest du, dies ist eine angemessene Begrüßung am Telefon? Was ist nur aus deinen Manieren und dem guten alten Hallo geworden?“

Oh mein Gott, warum muss dies nun ausgerechnet Margret sein, ich möchte am liebsten im Boden versinken!!

„Oh, Margret, es tut mir leid, ich dachte du wärst Becky!“, probiere ich mich zu retten.

„Und du findest dies wäre also der angemessene Ton um eine angesehene Urologin zu begrüßen?“

Verdammt! Warum muss sie nur so schlagfertig sein!

Schnell probiere ich das Thema zu wechseln.

„Und der Grund deines Anrufes wäre nun welcher?“ frage ich sie leicht entnervt und klopfe dabei mit meinen Fingern auf dem Tisch.

„Darling, ich bin ja untröstlich, Steve hat mir von eurer Trennung erzählt.“ Beginnt sie gekünstelt traurig. Ich kann mir schon bildlich vorstellen, welch einen Freudentanz sie veranstaltet hat, als ihr Steve die „frohe“ Botschaft verkündete. Wahrscheinlich hat sie dem Gott Loki (Anmerkung: normannischer Gott der Täuschung, der Lügen, Gott des Bösen) gleich noch ein Huhn als Dankeschön geopfert!

„Aber der eigentliche Grund meines Anrufes ist der, dass A(aaaa)lbert und ich entschieden haben, dass wir dir deinen Anteil der Wohnung abkaufen. Ich erwarte, dass du dann bis zum Ersten des Monats gepackt hast. Solltest du noch Kisten brauchen, bin ich dir natürlich gerne behilflich, schließlich sind wir oder besser gesagt waren wir ja eine Familie, nicht wahr?“

Und dann noch der verbale Todesstoß.

„Vergiss nicht, der 1. ist verbindlich, nicht der 2. nicht der 3. Ich betone nochmals Melanie, vielleicht notierst du es dir, der 1.! Unser Anwalt wird noch alles aufsetzten.“

Mit offenem Mund halte ich den Hörer an mein Ohr gedrückt und bin einfach nur überwältigt von diesem Redeschwall und weiß im ersten Moment gar nicht wie mir geschieht. Doch relativ schnell finde ich meine Fassung wieder.

„Margret, wie kommst du darauf, dass ich ausziehe? Steve hat doch zu mir gesagt, er zieht eine Weile zu euch und ich stottere ihm seinen Anteil ab. Vielleicht vermiete ich das 2. Schlafzimmer unter.“

Leichtes herablassendes Gelächter am anderen Ende.

„Sag mal in welcher Welt lebst du eigentlich? Bis du uns dies alles zurückgezahlt hast, gehst du doch schon in Rente! Ha, ha, ha! Mit deinem kleinen Einkommen als Kindertante.“

In diesem Moment glaubt sie wohl sie ist die Spaßkanone schlechthin!! Also noch abwertender hätte sie nicht argumentieren können.

Aber nun muss ich schließlich nicht mehr kuschen wenn mir etwas nicht passt, also lasse ich meinen Gefühlen einfach mal freien Lauf: „So nicht! Nun nimmst du dir echt zuviel raus Margret! Ich ziehe definitiv NICHT aus und dies kannst du von mir aus auch schriftlich haben! Also schieb dir deinen blöden Vertrag dorthin wo die Sonne niemals scheint, alles klar! Das kannst du dir von mir aus auch notieren!“

Wutentbrannt lege ich auf. DAS hat gut getan! Die Endorphine strömen nur so durch meinen Körper, ich fühle mich in diesem Moment wie Superwoman! Was würde ich dafür geben ihr dämliches Gesicht nun sehen zu können!

Wir leben doch nicht in der „margretschen“ Diktatur, dass sie so einfach über andere Leute Leben bestimmen kann!

Und bitte, wie verlogen war das denn: Ich bin ja sooooo untröstlich. Buhuuu.

Klar will sie mich aus der Wohnung haben, sonst hätte sie ja aus Steves altem Zimmer wieder ihr Solarium (von dem sie übrigens eine ganz üble Lederhaut gekriegt hatte – sie erinnert mich immer an die faltige Nachbarin aus dem Film „Verrückt nach Mary“) und die Fitnessgeräte entfernen müssen.

Mein nächster Griff geht ans Handy um Steve eine SMS zu schicken:

 

„Wir müssen reden, pfeiff deine Bulldogge zurück. Aber pronto! Mel“

 

Am nächsten Tag, pünktlich um 17h kommt Steve nach seiner Arbeit angerauscht. Er hat die letzten Nächte in einem in der Nähe liegenden Hotel verbracht.

„Was ist denn los? Welche Bulldogge bitte?“ fragt er mich verwirrt. Sein Anzug ist ein wenig zerknittert, er hat sich heute auch eindeutig nicht rasiert, ich sehe einen leichten Bartschatten. Er sieht ein wenig geknickt aus.

„Kannst du mir bitte erklären wie deine Mutter auf die Idee kommt, dass ich ausziehe?“

„Nun ja“ stottert er herum, „schließlich ist es für meine Familie doch einfach dir deinen Anteil auszuzahlen. Mit deinem Einkommen dauert es doch, wie soll ich sagen, ganz schön lange bis das Ganze über die Bühne ist, oder?“ Dabei macht er eine ausladende Handbewegung.

Mein Gott wie ich das hasse, wenn er so feige den Schwanz einzieht!! Am liebsten würde ich ihn anschreien: Bitte sei doch endlich mal ein Mann!!!

„Steve, ich ziehe definitiv NICHT aus. Und da fährt der Zug drüber!“

„Melanie, ich ziehe aber auch nicht aus! Und dies ist fix!“ Nun wird er stur, das kenne ich schon. Es kommt wirklich äußerst selten vor, aber wenn dann konnte er das echt aussitzen. Voller Entsetzen denke ich noch an unseren letzten Streit dieser Art zurück, als Steve unbedingt darauf bestand hat die Farbe und Einrichtung im Wohnzimmer bestimmen zu dürfen, schließlich sind Schlafzimmer, Küche und Bad Frauenterrain, aber das Wohnzimmer, die Höhle des Urmannes muss einfach maskulin aussehen. Seither empfinde ich immer leichten Ekel, wenn ich unser babyblaues Etwas betrete, mit den schweren Eichenmöbeln und dem gigantischen Leuchter seiner Vorfahren! Im Ernst, es fehlt eigentlich nur noch das Hirschgeweih an der Wand! Was mir wiederum beweist, dass Männer einfach keinen Geschmack haben!!

„Du wirst aber ausziehen müssen Steve! Wie stellst du dir denn das sonst vor? Wir können nicht beide in der Wohnung bleiben!“

Kurze Zeit bleibt es still. Plötzlich scheint Steve eine Idee zu haben.

„Warum eigentlich  nicht? Die Wohnung ist doch groß genug. Ich nehme einfach das 2. Zimmer und wir werden dann sehen wer freiwillig als Erstes geht.“

Nun hat er meinen Kampfgeist geweckt und das weiß er!

Ich tippe mit dem Finger nachdenklich auf mein Kinn.

„Lass uns einen Deal machen“ beginnt er, „wer als Erstes auszieht verzichtet somit freiwillig auf seine Wohnungshälfte und der Gewinner hat das alleinige Recht, selbstverständlich ablösefrei, hier zu leben!“

Bitte, wenn er es unbedingt so haben will, kein Problem, schließlich bin ich eine Frau und kann je nach Bedarf den Schalter auf Superzicke umlegen. SWITCH!! So billig komme ich nie wieder an eine so schöne Wohnung!

„Du weißt hoffentlich worauf du dich da einlässt, Steve-Häschen?“ grinsend nicke ich ihm zu und wir bestätigen diesen kuriosen Deal per Handschlag.

 

Ich habe diesmal wirklich Probleme beim Einschlafen, ich liege unruhig in meinem Bett und grüble über die vergangenen Stunden. Das ist doch eine blöde Idee, wer lässt sich freiwillig auf so etwas ein? Aber bitte, schließlich ist es seine Idee gewesen. Ich muss unbedingt morgen mit Becky darüber sprechen. Wir haben uns in Tony`s Bar verabredet.

 

*****

 

„Hi Becky!“

„Hi Süße“, wir umarmen uns kurz. „Na, wie geht’s?“

Sie sieht wie immer toll aus. Becky ist nicht unbedingt eine klassische Schönheit, mit ihrem 1,75m zählt sie zu den größeren Frauen, sie hat eine üppige Oberweite, die sie sehr gerne in Szene setzt und eine weibliche Figur dazu. Sie ist irgendwie das Gegenteil von mir. Ich besitze leider eher die burschikose Statur, mit wenig Busen und schmalen, unförmigen Hüften. Ihre Bluse lässt tief blicken, sie ist aber dezent geschminkt, was ihr interessantes Gesicht sehr schön betont. Ihre Haare hat sie diesmal zu einem Zopf geknotet.

„Ich glaube wir bestellen uns am Besten gleich 2 Tequilla’s, dann reden wir weiter.“

Gesagt getan, und auf diese zwei folgen letztendlich noch ein ganzes Tablett voll!

In unserem Schwips, was übrigens noch ein recht humaner Ausdruck für diesen Zustand ist, erzähle ich Becky dann von der genialen Übereinkunft zwecks der Wohnung. Dieser Deal stößt auf wenig Gegenliebe!

„ A a also, so was Blödes hätte ich euuuch nie im Llleben zugetraut, ihr Irren! Ich hoffe du haaast schon ein paar Ideen wie duuu ihm das Zusammenwooohnen so, wie soll ich sagen, unschön wie mööglich gestalten kannst?“

Bei ein paar Gläsern Prosecco (warum aufhören wenn es doch gerade so lustig ist) tauschen wir noch hilfreiche Ideen aus. Angefangen vom Hosen einnähen bis hin zu Haarshampoo  mit Pipi austauschen, oder der Hammer, immer nur 1 Blatt auf der Klopapierrolle lassen und die Reserverollen auch herausnehmen! Die Stimmung ist am Höhepunkt! Was haben wir gelacht, aber dann wird dem Ganzen abrupt ein jähes Ende gesetzt, denn wer kommt genau in diesem Moment durch die Eingangstür?? Mrs. High-Society herself, Muriel Carlington gibt sich die Ehre.

Muriel, die Tratschtante der Nation, mit einem Mund, der nur Bosheiten und Feindseligkeiten speit. Sie ist verheiratet mit James Carlington III, einem großen Immobiliemogul aus London, der englische Donald Trump so zu sagen. Dieser ist schon einmal verheiratet gewesen mit einer Schwedin namens Ingar. Aus dieser Ehe entsprangen 2 Kinder der Liebe, die seit der Scheidung (oder bessergesagt Schlammschlacht) nun bei ihm und Muriel lebten. Jedoch bezweifle ich stark, dass sie mittlerweile die Vornamen der beiden überhaupt kennt. Etwa 10 Nanny’s kümmern sich Tag und Nacht um die zwei. Sie ist währenddessen andauernd mit den Promis in der Weltgeschichte unterwegs. „Elton hatte letztens ja eine brillante Idee.“ Oder „Vic und David kommen nächsten Samstag zum Dinner vorbei. Und der bisherige Höhepunkt war: „Stellt euch vor ich habe Paul, ich spreche von Sir Paul McCartney, zu einem Lied inspiriert, ist das nicht toll?“

Sie wurde es einfach nie satt einem ihre Bekanntschaften unter die Nase zu reiben.

Sie und Margret sind wahrlich die Ausgeburt der Hölle, die sogar dort aus den tiefsten Tiefen voller Ekel wieder ausgespuckt werden!!

Sofort, als wir sie an der Tür bemerkt haben, führen wir eine adrenalingesteuerte Reaktion des Duckens durch. So wie ein Tier, das sich tot stellt um nicht gefressen zu werden. Reiner Überlebensinstinkt!

Jedoch sind wir dermaßen beschwipst, dass wir uns vor Kichern kaum noch halten können. Becky legt ihren Zeigefinger an die Lippen, es schüttelt sie nur so vor Lachen und sie stößt dabei äußerst laut immer wieder „Pst!“ aus! Wirklich sehr hilfreich!

 

Plötzlich tippt jemand an meine rechte Schulter. Vor Schreck knalle ich mit voller Wucht meinen Kopf gegen die Tischkante. Leicht verlegen reibe ich mir die schmerzende Stelle.

„Oh hallo Muriel, du auch da, welche Überraschung!“ ist meine erste hilflose Reaktion.

Aber im selben Moment bin ich schlagartig wieder stocknüchtern.

„Hallo Melanie, hallo Becky-Liebes“ flötet sie ganz melodisch und schickt uns Luftküsschen.

„Mel“ fährt sie fort, „ich war ja so geschockt als ich von eurer Trennung erfahren hatte. Aber ich hatte schon geahnt, dass bei euch irgendwie der Wurm in der Beziehung steckte, schließlich konnte ich  nicht umhin zu bemerken, wie du dich in letzter Zeit doch hast gehen lassen. Das etwas struppige Haar zum Beispiel ts ts ts.“ Sie schüttelt verständnislos ihren Kopf. „ Kann es sein, dass du auch ein bisschen zugenommen hast?“ Erbarmungslos kneift sie mich in die Hüfte. Ich glaube ich bin im falschen Film, wie kann sie es nur wagen! Prompt steigt mir die Röte ins Gesicht!

Jaaaa, auf ihre Bosheiten ist wirklich verlass!!

Sie hat eine übertrieben mitfühlende Mine aufgesetzt, die ihr sowieso niemand abkauft. (kein Oscar für Muriel ohhhhhhh)

Bevor ich irgendwie auf diesen Angriff reagieren kann, spüre ich Becky’s Hand auf meinem Arm und sie kontert: „Muriel, Darling, ich habe vorhin Victoria Mars getroffen.“

Victoria ist wiederum Muriel’s Erzrivalin! Beide hatten damals nach der Scheidung auf das Ehrgeizigste um James Carlington’s Gunst konkurriert! Sie schreckten wirklich vor gar nichts mehr zurück, gegenseitige Verleumdungen, also dies hatte überhaupt nichts mehr mit Lady-like zu tun! Victoria zog dann den Kürzeren, da sie einfach mit Muriels falschen Brüsten und unterspritzten Lippen nicht mehr mithalten konnte! Tja, c’est la vie!

„Und stell dir vor, welch ein lustiger Zufall“ sie kichert wie ein kleines Schulmädchen, „sie trägt heute genau das gleiche Top wie du!“ Ihr Zeigefinger wandert vor Muriels Nase auf und ab.

„Das ist unmöglich! „Karl Lagerfeld hat dies extra nur für mich entworfen und schneidern lassen. Schließlich habe ich ihn zu dieser Kreation inspiriert!“ erwidert sie verunsichert und nervös.

„Nein, das ist ja irre, was Mel?“ kontert Becky kokett und stößt mir dabei unsanft in die Rippen, „hat uns Victoria nicht genau die gleiche Antwort gegeben, als wir ihr ein Kompliment zu ihrem vorzüglichen Geschmack gemacht hatten?“

Ich nicke natürlich zustimmend, da ich sehe wie Muriel die Farbe aus dem Gesicht weicht. „Es kann doch nicht sein, dass dein Unikat etwa … gar keines ist?“

Ich glaube dies ist das erste Mal, dass wir Muriel sprachlos erlebt haben.

Bitte einmal die Laola-Welle und lautes Jubeln für Becky „the destroyer“!!

SIE KAM, SAH UND SIEGTE!

Mit einem kurzen „Pfff“ verabschiedet sie sich kurzerhand in Richtung Ausgang.

Das ist wirklich unheimlich gewesen, die böse Macht der Muriel war gebrochen, von nun an ist sie verwundbar, beinahe menschlich! So wie Siegfried in der Nibelungensage.

 

„Kellner bitte nochmal das Gleiche!“ wir lachen laut drauf los und stoßen begeistert an.

Auf dieses Erlebnis hin muss man sich einfach noch eine Runde genehmigen!

 

Mission Possible: Rausekeln

 

„Oh mein Gott, bitte lass mich sterben.“ Das waren eindeutig 1-2, ach was red ich, mindestens 8 Tequilla’s zuviel! Bei der kleinsten Bewegung dröhnt mein Schädel wie nach einem Frontalcrash, meine Haare stehen wild von meinem Kopf ab, meine Ausdünstung ist grässlich (so ungern ich das auch zugebe). Nach gefühlten 15 Minuten Schlaf werde ich durch ein lautes Geräusch geweckt. Noch vollkommen blau torkle ich mit verquollenen Augen und bekleidet nur mit einem Slip und meinem ausgewaschenen alten Hello Kitty Hemdchen, blinzelnd in die Küche um mir einen starken Kaffee zu genehmigen. Irgendein Gebräu, das meinen Kreislauf wieder halbwegs in Schwung bringt. Leider habe ich vergessen, dass Steve sich ja für das 2. Schlafzimmer angemeldet hat und so habe ich nun das Vergnügen um 9h früh einen schmutzig grinsenden und äußerst unangenehm riechenden Möbelpacker, der wirklich sämtlichen Klischees entspricht, vor mir zu haben.

Mit einem lauten: „Morgen Lady, na alles fit im Schritt!“ werde ich in die grausame Realität zurückgeholt.

Mit einem Sprung bin ich wieder in meinem Zimmer um mir etwas Passendes anzuziehen. Als ich zurück in die Küche komme ist der verschwitzte Kerl bereits verschwunden, es wird gerade ein großes französisches Bett in Steve’s Zimmer getragen. Wie oft sind wir gemeinsam im Möbelhaus in der Kensigton High Street gewesen und wie oft habe ich ihn gebeten genau dieses Bett für uns zu besorgen? Dies ist doch nur eine Aktion um mich aus der Reserve zu locken und zu ärgern. Bitte, sehr gerne.

Somit ist für mich die 1. Runde eingeläutet. Die Schlacht um die Alleinherrschaft in der Wohnung kann starten. Ich schleiche mit meinem Laptop ins Wohnzimmer.

LASSET DIE SPIELE BEGINNEN!

 

Etwa eine halbe Stunde später:

 

„Nein, verdammt nochmal, ich war kein böser Junge und will auch nicht verhauen werden! Wagen Sie es ja nicht hier jemals wieder anzurufen!“ Steve schreit gereizt in sein Handy.

Na, was hat er denn? Kann er denn überhaupt keinen Spaß verstehen??

Erneut höre ich „Can you feel the love tonight“. Jedes Mal frage ich mich wieder, wie kann man als Hetero nur diesen Klingelton wählen?

 „Sind sie pervers? Nein ich möchte mich nicht mit Ihnen treffen, ich rufe gleich die Polizei! Ich habe Rufnummernerkennung!!“

Steve erhascht einen Blick auf mich als er am Wohnzimmer vorbei kommt.

„Hast du etwas damit zu tun?“ fragt er mich kalt.

„Du redest doch nicht rein zufällig von der Kontaktanzeige im Online-Schwulen S/M Magazin????“ erwidere ich mit einem Augenaufschlag den selbst das süße Bambi vom Unschuldsthron stürzen kann.

„Mach das rückgängig!“ herrscht er mich an. Drohend hebt er die Faust.

„Zieh doch einfach aus!“ erwidere ich zickig.

„Mel ich warne dich, mach das rückgängig!“

Ok, vielleicht ist das doch einen kleinen Tick zuviel gewesen. Vielleicht hätte ich ja auch nicht gerade als sein Profilbild eines unserer Urlaubsfotos nehmen müssen. Und dann auch noch gerade das, wo wir in New Orleans waren zur Mardi Gras Zeit und Steve sich in Alklaune mit ein paar unserer Freunden als Village People verkleidet hatten. Steve war übrigens der Polizist. Mit dem Text darunter: Na, warst du ein böser Junge? Komm lass dich in Handschellen legen und ich „vernehme“ dich!!

 

Kommt irre gut an in der Schwulenszene!!